Beizen, Pubs, Restaurants, Clubs, Lounges, Hotels, Cafés, Musiklokale, Theater, Festsäle, Kino usw. Das grosse Angebot bietet nicht nur am Tag, sondern auch am Abend und in der Nacht einiges für alle Ausgehfreudigen. Die zunehmende Durchmischung von Wohn – und Ausgehzonen kombiniert mit langen Öffnungszeiten und regem Publikumsverkehr liefern jedoch auch Konfliktpotenzial zwischen Nachtschwärmern und Anwohnern. Lärmbelastungen durch Gastronomiebetriebe gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Zum Lärm von Gaststätten gehören unter anderem die Immissionen durch Musik, das Verhalten der Gäste, Aufräumarbeiten des Personals, Parkplatzlärm sowie auch der entstehende Verkehrslärm. Mit der Einführung des Rauchverbots hat sich die Problematik noch verschärft. Häufig stehen Raucherinnen und Raucher nun auf der Strasse zum Qualmen und treiben den Lärmpegel zum Ärger der Nachbarschaft in die Höhe.
Am Tag gegen Lärm 2015 wurden die Nachtschwärmer ermuntert, das Ruhebedürfnis der Anwohner zu respektieren. Gleichzeitig sollten die Daheimgebliebenen zu etwas Toleranz aufgerufen werden. Denn wie so häufig im Leben: plötzlich findet man sich in der Rolle des anderen wieder.
Keine Grenzwerte
Zur Beurteilung von Verkehrsanlagen gibt es zahlenmässig festgelegte Grenzwerte. Doch bei Alltagslärmquellen wie Freizeit- und Sportanlagen, Gaststätten oder Tierhaltungen fehlen solche. Die Lärmschutzverordnung kennt keine Belastungsgrenzwerte für Gaststättenlärm und Lärm durch menschliches Verhalten in der Gartenwirtschaft oder bei der Ankunft und beim Verlassen der Lokalität. Der Unternehmer ist für einen angemessenen Lärmpegel in- und ausserhalb seines Betriebs verantwortlich.
Geltende Strategien, Leitbilder, Konzepte
Einige Kantone und Gemeinden haben als Reaktion auf die zunehmende Lärmbelastung im öffentlichen Raum neue Strategien, Leitbilder und Konzepte entwickelt. Diese sollen auch Gastronomiebetriebe unterstützen, indem zulässige Störungsgrade und klare Festlegungen von Öffnungszeiten definiert werden.
Informationen für Gemeinde
Was tun?
Lösungsansätze können nur über eine Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung sowie den Betroffenen gefunden werden. Eine Patentlösung gibt es nicht, da die Rahmenbedingungen und verfolgten Ziele bei der Lärmbekämpfung von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sind. Massnahmen können in folgenden Bereichen ansetzen, wobei Massnahmenpakete in mehreren Bereichen als zielführend erachtet werden.
- Ausarbeitung von Strategien, Leitbildern, Konzepten
- Umsetzung Bewilligungen, Normen, Regeln
- Schaffung von Fachstellen
- Einbezug Verursacher und Betroffene
- Information und Kommunikation
Ausarbeitung von Strategien, Leitbildern, Konzepten
Konzept Nachtleben
Die Stadt Bern fördert mit dem Konzept Nachtleben den Dialog zwischen Behörden, Organisationen, Klubs und Kulturschaffenden, darunter den Kulturdialog Nachtleben und der Round Table für Prävention und Sensibilisierung. Damit soll ein lebendiges und friedliches Berner Nachtleben gewährleitstet werden.
Abschaffung der Polizeistunde
Die Stadt Luzern kennt seit 2009 keine Sperrstunde zwischen 04.00 und 05.00 Uhr mehr, um Publikumskonzentrationen bis zur Wiedereröffnung im öffentlichen Raum zu vermeiden.
Einführung früherer Schliessungszeiten (z. B. 00.30 Uhr) / gestaffelte Schliessungszeiten
Die Stadt Lausanne hat «heure blanche» eingeführt. Um 05.00 Uhr schliessen alle Betriebe für eine Stunde, so dass keine Ausweichmöglichkeiten mehr vorhanden sind. Dies soll Nachtschwärmer dazu animieren, nach Hause zu gehen.
Umsetzung Bewilligungen, Normen, Regeln
Schaffung von Entscheidungshilfen für Bewilligungsbehörden bezüglich Lärmschutz
In Basel wurden das Gastronomie-Sekundärlärm-Beurteilungs-Instrument (GABSI) und der sogenannte Boulevardplan Innenstadt zur Festlegung der zulässigen Öffnungszeiten der Gastgewerbebetriebe innen bzw. im Freien entwickelt, um möglichst ein rechtsgleiches Bewilligungsverfahren für situationsgerechten Lärmschutz zu schaffen.
Beschränkung der Öffnungszeiten auf Stufe Baubewilligung
Die Stadt Zürich legt mit ihrer Vollzugspraxis Aussenrestaurant Stadt Zürich die Öffnungszeiten bereits im Baugesuch fest, unter Berücksichtigung des Wohnanteils, der bestehenden Lärmvorbelastung und der räumlichen Verhältnisse.
Festsetzung der Schalldämmung öffentlicher Lokale
Die Stadt Zürich bestimmt bei öffentlichen Lokalen die Anforderungen an die eingesetzten Trennbauteile zur Luft- und Trittschallreduktion.
Aufstellung von Lärmmessgeräten mit Tonabschaltung
Im Kanton Genf kann eine Bewilligung für eine Veranstaltung im Freien mit der Auflage verknüpft werden, einen «Sonometer» aufzustellen. Dieser misst die Anzahl Dezibel und kann bei Überschreitung der bewilligten Stärke (normalerweise 82 dB auf eine bestimmte Distanz) den Ton abschalten.
Schaffung von Fachstellen
Einführung Beschwerdemanagement, das schnell und koordiniert auf Reklamationen reagiert
Die Stadt Luzern hat 2007 die Stelle für Sicherheitsmanagement geschaffen, die sich jeglicher Anliegen und Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum annimmt. Reklamationen zu Nachtruhestörungen, Littering, grösseren Menschenansammlungen usw. werden direkt an die Stelle gerichtet oder dorthin weitergeleitet.
Einbezug Verursacher und Betroffene
Gemeinsame Security-Konzepte Gemeinde / Clubs mit konkreten Massnahmen und Einbindung der Clubs mit Auflagen
St. Gallen startete (auf Initiative von Gastwirten) im Sommer 2012 ein Pilotprojekt, bei welchem Freitags und Samstags von 21.00 bis 00.30 Uhr private Sicherheitsdienstleister in der Ausgehzone patrouillieren (Kosten zulasten der Wirte). Patrouillen sollen beruhigend auf Besucher einwirken, Leute vom Urinieren oder Littering abhalten und erste Anlaufstelle für Anwohnende bei Lärmproblemen sein. Bei Vorfällen wird bei Bedarf die Polizei beigezogen.
Information und Kommunikation
Sensibilisierungskampagnen / Interventionen
In Paris geht die Stadtverwaltung neue Wege, um Lärmemissionen durch das lokale Nachtleben zu reduzieren. Eine Clowngruppe – die «Pierrots de la Nuit» – sollen durch Sprache, Theater, Pantomime und Tanz Anwohner, Gaststättenbetreiber und Nachtschwärmer für Geräuschbelastungen sensibilisieren.
Informationen für Gastronomiebetriebe
Was tun?
Für die Beurteilung von Lärm, der von Restaurants, Gartenbeizen, Kinos, Eventlokalen etc. ausgeht, liefert die Vollzugshilfe Gaststättenlärm des Cercle Bruit (PDF) Unterstützung.
Folgende Massnahmen helfen den Betreibern von Lokalen, die Lärmproblematik einzudämmen:
- Ernstnehmen der Nachbarschaftsklagen
- Lösungssuche zusammen mit Betroffenen
- Appelieren auf Rüksichtnahme
- Informationen für Kundschaft
- Schulungen für Mitarbeitende bzgl. Lärmschutz
- Einrichten eines Beschwerdetelefons
- Freiwillige Überwachung des Lärmpegels
- Schliessen von Türen und Fenstern ab 22.00 Uhr
- Geeignete Lautsprecherpositionen
- Einbau automatischer Türschliesser
- Schallschutzschleusen bei Türen
- Trittschallschlucker, schallabsorbierende Beläge
- Privaten Sicherheitsdienst einsetzen
- Optimale Standortwahl für Parkplätze
- Angepasste Öffnungszeiten
Informationen für Nachtschwärmer
Was tun?
- Mehr Rücksicht ab 22 Uhr
- Draussen leise sein
- Ruhige Heimreise
- Vernünftiges Autofahren
Auf eine gute Nach(t)barschaft
Menschliche Aktivitäten verursachen Lärm. Dies lässt sich nicht verhindern – aber vermindern:
„Schläft da jemand?“
Von 22 Uhr bis 6 Uhr gelten die Nachtruhezeiten. Lärm stört zu diesen Zeiten mehr, als derselbe Lärm ein paar Stunden früher oder später. Dasselbe gilt für Sonn- und Feiertage. Für andere sind dies Ruhetage.
„Gehen wir rein?“
Die Nachbarschaft ist dem Umgebungslärm schutzlos ausgeliefert. Lärm beim Betreten und besonders beim Verlassen eines Lokals sollte daher auf ein Minimum reduziert werden. Denn oftmals ist die Unterhaltungslautstärke, welche innerhalb des Lokals angebracht war, draussen nicht mehr nötig.
„Hast du mal Feuer?“
Beim Rauchen vor der Tür entstehen schnell Gespräche und neue Bekanntschaften. Das Verhältnis zur Nachbarschaft kann dadurch aber auch schnell gestört werden. Eine angemessene Unterhaltungslautstärke ist daher angebracht.
„Kennst du den schon?“
Schnell den neusten Hit auf YouTube den Freunden zeigen, das kann in einer ruhigen Nacht schnell zur unangenehmen Störung werden. Im Innern des Lokals gibt’s dabei keine Probleme.
„Kommt der Bus?“
Beim Warten auf den Bus, Tram oder die S-Bahn versammeln sich die Heimgehenden. Allzu euphorische Unterhaltungen über das Erlebte können schnell einmal stören. Eine angemessene Unterhaltungslautstärke ist daher angebracht.
„Fahren wir ab?“
Mit dem Auto schnell zu Hause. Aber gerne darf auf das Aufheulen des Motors, das Quietschen der Reifen, das Zuschlagen der Türen, das lautstarke Abspielen des Lieblingsongs und Hupgrüsse verzichtet werden.